Bilder, die uns an schlechte Erfahrungen erinnern und die wir nicht unbedingt bewusst wahrnehmen, lassen trotzdem ungute Gefühle in uns entstehen.Das haben Dr. Bettina Sadowski und ihr Team von der Tübinger Universitätsklinik in einer aktuellen Untersuchung herausgefunden. Danach beschleunigen auch unbewusste visuelle Wahrnehmungen den Kreislauf und erzeugen ein Gefühl des Unwohlseins – etwa ein großer Hund mit gefletschten Zähnen oder der Blick in eine Zahnarztpraxis.
Die Tübinger Forscher führten ihre Studie an Menschen durch, die an der so genannten Rindenblindheit leiden. Bei dieser Erkrankung sind das Auge und der Sehnerv intakt, doch ein Teil der Bereiche in der Großhirnrinde, die eine bewusste visuelle Wahrnehmung erst möglich machen, ist geschädigt, zum Beispiel durch einen Schlaganfall oder eine Schädel-Hirn-Verletzung. Die Menschen haben also ein eingeschränktes Blickfeld.
Den Versuchspersonen wurde zunächst ein Bild eines Mannes mit neutralem Gesichtsausdruck gezeigt, dass bald mit einem unangenehmen Schrei gepaart wurde. Später wurde ihnen allein das Gesicht in dem geschädigten Teil ihres Gesichtsfeldes präsentiert – obwohl die Patienten das Gesicht dann nicht bewusst sehen konnten, löste es emotionale Reaktionen aus.
Biologen vermuten, dass visuelle Informationen zur Amygdala (Mandelkern) tief im Innern des Gehirns gelangen und dort emotionale Reaktionen auslösen, ohne dabei die Sehrinde im Großhirn zu passieren. Doch die Darbietung des Gesichts führte nicht nur zu einer Verstärkung unwillkürlicher emotionaler Reaktionen. Die Versuchspersonen berichteten auch von negativen Gefühlen in Gegenwart des Gesichts. Offensichtlich kann also auch eine visuelle Wahrnehmung, die nicht bewusst wird, Gefühle auslösen.